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Traumjob Micro-Influencer?

Bei einem Kooperationsangebot schaut besser zweimal hin und rechnet nach, für wen die Rechnung am Ende aufgeht.
Bei einem Kooperationsangebot schaut besser zweimal hin und rechnet nach, für wen die Rechnung am Ende aufgeht.

Auf Instagram bin ich ein ganz kleines Licht. Trotzdem bekomme ich seit einiger Zeit Angebote. Mehr noch als auf meinem gewerblichen Profil, kommen diese Anfragen auf mein privates Profil. Firmen bieten mir Kooperationspartnerschaften an. Sie wollen mich als Micro-Influencer. Fast jede Woche erhalte ich eine in jugendlichem Sprech superpersönlich verfasste Nachricht mit dem verlockenden Angebot, Kooperationspartner zu werden, weil ich dafür ja schließlich mehr als nur geeignet erscheine. "Hi Du Liebe", stand in der letzten derartigen Nachricht. "Dein Profil ist so cool und wir finden es geil, was du postest. Deine Texte sind der Knaller! Wir alle hypen sie voll und jeder mag sie. Wir finden zudem, du repräsentierst perfekt unsere Marke. Deshalb wollen wir dich mit einem großzügigen Angebot zu uns ins Boot holen. Wenn du mit einsteigst, bekommst du von uns die Möglichkeit, mit wenig Aufwand viel Geld zu verdienen. Hey, werde Teil unseres Teams!" 


In letzter Zeit habe ich bei jungen Leuten schon mitgekriegt, dass es offensichtlich sehr erstrebenswert ist, Influencer zu werden. Das scheint noch besser zu sein, als Sänger oder Schauspieler. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass jeder dafür in Frage kommt, der aktiv in den sozialen Medien ist. Es scheint sozusagen sehr einfach zu sein.

Ich selbst habe mich nie um eine derartige Partnerschaft bemüht. Ich weiß aber, dass es Plattformen im Internet gibt, auf denen man sich als Influencer aktiv eintragen kann, um die Produkte einer Firma zu bewerben. Auch auf Verkaufsplattformen habe ich bereits Anzeigen gesehen, durch die von Firmen Micro-Influencer für ihre Produkte gesucht werden. Das kann vermutlich sogar eine interessante Erfahrung werden, wenn man sich darauf einlässt. Es ist jedoch Vorsicht geboten. Schaut euch die Angebote ganz genau an!  Ich halte diejenigen Angebote, die ich bisher bekommen habe, grundsätzlich für unseriös.

 

Alle sahen nämlich so aus: Ich muss Ware von der Firma kaufen, die ich nicht brauche und die ich deshalb natürlich im Normalfall nicht kaufen würde. Auf das ausgewählte Produkt erhalte ich einen Rabatt. Für diesen Rabatt verpflichte ich mich, das Produkt zu fotografieren und Werbung dafür zu machen. So weit, so gut. Ich kaufe also etwas, das 100 Euro kosten würde. Weil ich 15% Rabatt bekomme, kostet es mich "nur" noch 85 Euro. Und obwohl ich jetzt 85 Euro für etwas ausgegeben habe, das ich eigentlich nicht haben wollte und das ich im Normalfall auch nicht kaufen würde, soll ich jetzt auch noch Werbung machen und das Produkt posten? Dass diese Rechnung für mich schlecht ist, ist auf den ersten Blick eigentlich sofort erkennbar und trotzdem lassen sich Menschen darauf ein. Der Grund ist: Es werden tolle Verdienstmöglichkeiten angeboten. Davon lässt sich der oder die eine oder andere gerne überzeugen.

Eine Freundin hat im Übereifer zugeschlagen!

 

So auch eine Freundin (nennen wir sie Brigitte), die gleich mehrere Angebote in einem Monat bekommen hat. Brigitte fand das so nett, die Anschreiben waren so persönlich und freundlich und überhaupt ist das ja mal ein wenig Abwechslung vom tristen Alltag. In all den Angeboten stand dann ja auch noch, dass sie dann Mitglied im großen Team oder gar in der Familie sei. Wer kann da schon nein sagen? Sie nicht! Sie nahm alle fünf Angebote an. Die Angebote sahen folgendermaßen aus:

 

Brigitte kauft eine Uhr, auf deren Preis sie 20% Rabatt bekommt. Nach Erhalt der Ware postet sie möglichst oft diese Uhr auf ihrem Facebook-Account, mitsamt einer Verlinkung zum Uhrenshop. Wenn jemand nun den Link anklickt und etwas über diesen Link einkauft, erhält sie 5% des Bestellwertes. Für den besonderen Kaufanreiz kann sie ihren Freunden sogar noch einen Gutschein anbieten, mit dem diese ebenfalls einen Rabatt auf ihren Einkauf erhalten.

Brigitte kauft also eine Uhr für 125 Euro. Abzüglich Rabatt bezahlt sie dafür noch 100 Euro. Da sie auf den Warenwert derer, die den Link nutzen, nur 5% Provision bekommt, müssen Menschen also im Wert von 2000 Euro über ihren Link einkaufen, damit sie keinen Verlust macht. Dann hat sie für all ihre Mühe aber noch nichts verdient!

 

Brigitte kauft außerdem von Firma Nr.2 ein Kosmetikpaket im Wert von 160 Euro - normalerweise würde das 199 Euro kosten. Sie muss für diesen großzügigen Rabatt natürlich die Produkte nutzen, sich dabei filmen und fotografieren und diese Fotos mit entsprechend animierend Texten plus einem Angebot, beim Kauf 5 Euro zu sparen, auch noch posten. Wieder gibt es einen Gutschein, dieses mal eben 5 Euro für den ersten Einkauf. Kauft jemand über diesen Link ein, bekommt sie dieses mal sogar nur 3% vom Einkaufswert. Das heißt, wenn 160 Euro wieder ausgegleichen sein sollen, müssen Menschen Kosmetika im Wert von 5333 Euro einkaufen. Angenommen es finden sich tatsächlich so viele Personen, dass ein derartiger Warenwert zusammenkommt: Verdient hat sie jetzt immer noch nichts.

 

Selbiges gilt für eine Kooperation mit einer Bekleidungsfirma, für Haustierprodukte und für Lederwaren. Insgesamt hat meine Freundin in besagtem Monat (es war der März) Waren im Wert von 625 Euro gekauft. Obwohl sie in den darauf folgenden Tagen und Wochen viele Beiträge mit all diesen Waren online gestellt hat, bekam sie am Ende gerade mal knapp 60 Euro auf ihr Konto gebucht. Da lacht doch das Herz dieser Firmen, die ihre Bekanntheit mehr als billig steigern konnten. Aus meiner Sicht ein sehr unfairer Umgang mit einem Partner! Brigitte hat trotz großartigem Engagement am Ende 566,27 Euro drauf gezahlt.

 

 

Mit Freude bei der Sache sein kann man, wenn man ein faires Kooperationsangebot erhält. Alle Beteiligten können sich entspannt zurücklegen. Jeder hat was davon!  (Bild: Edith Schreiber)
Mit Freude bei der Sache sein kann man, wenn man ein faires Kooperationsangebot erhält. Alle Beteiligten können sich entspannt zurücklegen. Jeder hat was davon! (Bild: Edith Schreiber)

Ich will an dieser Stelle keinesfalls prinzipiell davon abraten, sich für Micro-Influencing zu interessieren. Erst kürzlich habe ich ein sehr faires Angebot bekommen. Es ging um Design-Nägel. Ich hätte eine komplette Maniküre inklusive Design-Nägel bekommen und das ohne dafür bezahlen zu müssen. Im Gegenzug hätte ich 15 Fotos von meinen Händen mit diesen tollen Nägeln posten müssen, jeweils mit einem ansprechenden Text. Für jedes weitere Foto mit Text hätte ich 5 Euro erhalten. Mehr als 5 weitere Fotos wären nicht bezahlt worden. Aber ich hätte schöne Nägel, 25 Euro und die Option auf eine weitere Zusammenarbeit. Bei so einem Angebot können sich beide Kooperationspartner entspannt zurücklegen. Das Angebot habe ich dennoch abgelehnt. Leider kommen künstliche Nägel für mich nicht in Frage. Das ist nicht meins, das bin nicht ich. Und so viel wie ich im Dreck buddle, hätten sie womöglich gar keine 20 Fotos lang gehalten.

Wenn du also ein Angebot bekommst, Kooperationspartner zu werden, dann lies dir das Angebot gründlich durch und rechne nach. Sonst zahlst du am Ende die Werbung für die Firma.

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Kommentare: 11
  • #1

    Julia (Dienstag, 17 März 2020 17:41)

    Vor Weihnachten hab ich fasst 500 E verloren. Angeblisch wird da ja besonderst viel verkauft haben sie mir erzellt. Hab keinen Cent gegricht nie mehr Influenzer!!!

  • #2

    Geli (Dienstag, 17 März 2020 18:36)

    Du wieder... Hahaha! Die ganzen Angebote werden so zahlreich angenommen, da ist denen so eine Meinung voll egal. Das mit der Heike tut mir voll leid. So viel Geld einfach weg.

  • #3

    Miri (Dienstag, 17 März 2020 20:39)

    Super Sache ist Influencing dann, wenn man gute Partner hat und die Absprachen konkret sind. Also: Die zu bewerbende Ware ist IMMER kostenfrei. Dies gilt zumindest für seriöse Angebote. Wie viele Beiträge auf welchem Socialkanal in welchen Zeitraum und was gibt es dafür? Bei wenig Followern vielleicht nur die Ware. Sonst fixe Beiträge pro Post usw. Du hast wenig Follower, bist aber aktiv und schreibst gute Texte. Dafür muss die zu bewerbende Ware kostenfrei sein. Für weitere Zusammenarbeit gibt es dann Geld. Muss ja anfangs nicht viel sein. Wenn der Influencer draufzahlt, läuft viel falsch.

  • #4

    Anja Klein (Mittwoch, 18 März 2020 21:19)

    Solche Sachen findet man nie im Internet. Persönlich hab ich Federn gelassen. Beinahe 1000 Euro hab ich ausgegeben und knapp 15 sind zurück geflossen. Die Firma dankt. Das ist Ausbeutung. Das Wort Kooperation oder Partnerschaft gehört in dem Zusammenhang verboten.

  • #5

    Nono (Mittwoch, 18 März 2020 22:57)

    Einfach immer Augen aufhalten. Das Internet ist voller Betrüger die leichtgläubige Opfer suchen.

  • #6

    Maagel J. (Freitag, 17 April 2020 21:46)

    Same same... Ich hab so viel Geld ausgegeben. Zum Flennen einfach nur zum Flennen! Das kann man nicht reinkriegen. So viele Käufer kann man nicht finden. Profiteur ist der Betrieb, den man auf den Leim geht. Ich verbuchs als Lehrgeld und rate wie du: Augen auf und nachrechnen, ob man überhaupt was von hat.

  • #7

    Silvia (Montag, 31 Mai 2021 13:49)

    Äh ja... Einfach nur JA! Letztes Jahr "nur" 200 Euro ausgegeben, für ein "Luxus-Assessoar-Paket".Eingenommen: NULL

  • #8

    Hedi (Montag, 31 Mai 2021 19:11)

    Krieg ich auch ständig solche Angebote lösch ich immer gleich

  • #9

    Christine (Mittwoch, 02 Juni 2021 12:38)

    Davon kann ich ein Lied von singen. Letztes Jahr, ein Hersteller von Holzuhren, Name will ich hier nicht nennen, bietet mir eine Kooperation an. Kaufe also eine tolle Holzuhr mit einem 15%-Gutschein, weil die 15% krieg ich als Lohn dafür, die Uhr dann auch zu posten. Erster Denkfehler den du beschreibst: ich hatte ja gar keine Belohung. Ich hab ja 85 % ausgegeben für eine Uhr, die ich sonst nie gekauft hätte. So. Ich sollte also posten und wer dann auch was kauft, kriegt auch einen Gutschein und ich kriege pro Kauf 5 %. Niemand hat was gekauft. Ich hab also 160 Euro aus dem Fenster geworfen und die sind auch noch frech geworden. Ich hätte das mehr posten müssen und mich mehr anstrengen müssen, für das sie mir 15 % Rabatt gegeben haben.
    Sowas passiert mir nie mehr. Passt auf was ihr für Angebote kriegt.

  • #10

    celian (Mittwoch, 02 Juni 2021 23:28)

    Vor paar Wochen hab ich so ein Angebot angenommen
    Täglich gepostet Werbung gemacht
    Nichts verkauft
    85 Euro Lehrgeld

  • #11

    Lili (Freitag, 04 Juni 2021 19:55)

    Was für ein Elend. Lug und Betrug wohin man auch schaut